Die Zeit ist reif für eine so merkwürdige Überschrift. Immer, wenn etwas funktioniert, springt man gern auf den fahrenden Zug. So erging es auch Remote Viewing. Darwin hätte seine Freude daran. Als Remote Viewing in den 90er Jahren in der Esoterik-Szene ankam, rümpfte man die Nase. Dann stellte sich heraus: es funktioniert, und zwar besser als alles andere. Flugs nannte man alles Remote Viewing, was irgendwie mit Extrasensorik und Intuition zu tun hatte.

Verständlich, aber nun funktionierte dieses auch nicht besser als vorher. Deshalb die Frage: was ist Remote Viewing nicht? Und, ganz wichtig, warum?

Die Herkunft von Remote Viewing ist rein wissenschaftlich. Man wollte definitiv wissen: gibt es PSI oder nicht, und wenn, wie funktioniert es. Dafür gaben staatliche amerikanische Stellen, darunter die Geheimdienste, ab 1970 einiges Geld aus. Dank der Beteiligten war die Forschung erfolgreich. Nach ca. 15 Jahren hatte man einen kompletten Fahrplan erarbeitet, der dazu führt, dass das Gehirn eines jeden Menschen hellsichtige Funktionen ausführen kann. Für diesen Anspruch der Wiederholbarkeit suchte man einen Namen, denn man wollte die wissenschaftlichen Ansprüche schon von esoterischen Gebieten abgrenzen. Relativ früh, etwa 1971, gab man dem Kind den Namen "Remote Viewing", auch, um diese spezielle Forschung gegenüber dem arg strapazierten Begriff "Parapsychologie" abzugrenzen. Am Anfang, als man medial begabte Menschen, sog. "Psychics" untersuchte, um dahinter zu kommen, was in ihnen eigentlich vorging, war der Begriff noch sehr unscharf definiert. Mit fortlaufender Forschung und der Konstruktion eines für alle anwendbaren Ablaufplans, des "Protokolls", wurde die Definition schärfer und bezog sich auf bestimmte, genau zu benennende Unterschiede zum allgemeinen spirituellen Tun.

 

1. Remote Viewing ist ein Ablaufplan, mit dem jeder Mensch Informationen wahrnehmen kann, zu denen er mit normalen Sinnen keinen Zugang gehabt hätte, egal wann oder wo.

2. Remote Viewing ist mindestens in wichtigen Teilen überprüfbar und stellt sich auch diesem Anspruch. Die Ausbildung in RV basiert darauf. (Z.B. Es wird beschrieben, was auf einem Foto zu sehen ist. Dann kann man auch davon ausgehen, dass auch das, was beschrieben wurde und nicht auf dem Foto ist, stimmt.)

3. Während der Forschung bezüglich der Wiederholbarkeit stieß man auf das Problem, dass bestimmte Gehirnfunktionen bei unscharfen Eindrücken diese gern zu einem scharfen Bild entwickeln. Im normalen Leben ist das sehr sinnvoll: ein kurzer Eindruck von "Rot" beim Annähern an eine Straßenkreuzung hilft, rechtzeitig zu halten. In einer RV-Session kann man überall sein, diese Kurz-Analyse könnte total falsch sein. Man schuf den Begriff des AOL (analytical overlay - analytische Überlagerung), kurz gesagt: das Einsetzen der Phantasie.
Das Erkennen der Möglichkeit, dass man bei "hellseherischer Tätigkeit" auch unreflektiert Phantasieeindrücke aus einem Hilfsspeicher des Gehirns übernehmen kann, bezeichnet die eigentlich größte Leistung der RV-Forschung.

4. Die Beeinflussung durch andere Menschen sollte so minimal wie möglich ausfallen. Jeder inhaltliche Hinweis durch einen Helfer (im Remote Viewing: "Monitor") sollte unterbleiben. Einzig allein formale Anweisung, z.B. irgend etwas sich genauer anzuschauen, sind erlaubt.

Alles, was diesen Kriterien nicht genügt, ist nicht Remote Viewing, wie wir es heute verstehen. Deshalb hilft es für die Definition auch nicht weiter, an der Forschung Beteiligte zu zitieren, wenn dieser Ausspruch getan wurde, bevor die Methode ein funtionsfähiges Stadium erreicht hatte.

Was ist Remote Viewing NICHT beantwortet Paul Smith , einer der früh an der Entwicklung beteiligten Viewer, demgemäß auch so: "It's not being psychic."

Aus diesem Grundsatz heraus sind Erweiterungen des Remote Viewing durch Hinzunahme anderer Verfahrensweisen nicht mehr Remote Viewing, wenn diese Methoden nicht den genannten Kriterien genügen. Dann heißt, das, was daraus entsteht, ist eben etwas anderes. Das ist zunächst nichts weiter als eine Definition, hat aber immense Auswirkungen auf das Ergebnis.

Für andere Verfahren wurde zeitgenössisch eine andere Bezeichnung eingeführt und die Definition mit Inhalt gefüllt. Alles zusammenzuwerfen würde bedeuten, die Forschungserkenntnisse auf Null zurückzudrehen und keinem der Begriffe gerecht zu werden.

Hypnose ist Hypnose, Channeling ist Channeling, Remote Influence ist Remote Influence, Osteopathie ist Osteopathie, Hellsehen ist Hellsehen.

Und Remote Viewing ist eben Remote Viewing

Intuition ist ein (unscharfer) Oberbegriff für alles.

Beispiel: ein gewebtes Tuch würde auch niemand gestrickt oder gehäkelt nennen. Auch wenn weben vielleicht besser aussieht oder mehr aushält.